01.03.2023

Viele Gesetzesinitiativen - ein Ziel: Europäische, demokratische Standards in Medien schützen

Landesanstalt für Medien NRW veröffentlicht Executive Summary der EMR-Studie zu künftiger Regulierung bei der grenzüberschreitenden Verbreitung von audiovisuellen Inhalten

Der Digital Services Act und Digital Markets Act, davor die eCommerce- und vor allem die AVMD-Richtlinie, zuletzt dann der Vorschlag für einen European Media Freedom Act (EMFA) – die Europäische Kommission ergänzt mit ihren Vorschlägen das Paket an Rechtsakten, das demokratische Standards in den Medien schützen oder eine Rechtsdurchsetzung in der digitalen Welt stärken soll. Diese Gesetze sind notwendig, ihre Bedeutung ist unbestritten. In der Anwendung zeigen sich jedoch Probleme, für die es im Blick auf die zunehmende Bedeutung der grenzüberschreitenden Verbreitung audiovisueller Inhalte dringend Lösungen braucht. Neben Fragen der Kompetenzverteilung zwischen den diversen Regulierungseinrichtungen, der Unabhängigkeit dieser Institutionen und der Schaffung von Kohärenz zwischen den verschiedenen Rechtsakten, ergeben sich weiterhin erhebliche Schwierigkeiten in der Praxis bei der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung. Es liegt nun bei den Gesetzgebern, diese Schwierigkeiten anzugehen - auch mit Blick auf den aktuell diskutierten EMFA-Vorschlag.

Zu diesem Schluss kommt das Gutachten von Prof. Dr. Mark D. Cole und Christina Etteldorf, das die Landesanstalt für Medien NRW beim Institut für Europäisches Medienrecht (EMR) in Auftrag gegeben hat und dessen umfangreiche Executive Summary neben einem Factsheet ab sofort zum Download auf der Website der Landesanstalt für Medien NRW zur Verfügung steht. Unter dem Titel “Future Regulation of Cross-border Audiovisual Content Dissemination” analysiert der wissenschaftliche Direktor des EMR mögliche Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung, vor allem in Bezug auf die Verfahren in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie).

Das Herkunftslandprinzip aus Sicht des Bestimmungslands denken

Ein zentraler Punkt der Überlegungen ist das Herkunftslandprinzip und aktuell beobachtbare Umgehungen national geltender Gesetze durch aus dem Ausland übertragende Anbieter. Was ursprünglich als Förderung für den europäischen Binnenmarkt gedacht war, wird zunehmend insbesondere von Anbietern außerhalb der EU missbraucht. So finden über rein technische Kriterien wie die Nutzung der Satellitenkapazität eines EU-Mitgliedstaats oder Satelliten-Uplinks aus einem von diesen beispielsweise auch anti-demokratische Sender aus Drittstaaten eine europaweite Verbreitung und begeben sich unter den Schutzschirm des Herkunftslandprinzips. Den europäischen Bestimmungsländern wird damit oft die Möglichkeit eines wirksamen Einschreitens auch bei illegalen Angeboten verstellt.

Es gilt, einen systematischen Fehler zu korrigieren

„Hier liegt ein systematischer Fehler vor – was als Mittel zur Förderung europäischer Angebote gedacht war, wird zum Schutz für Propaganda-Angebote aus der ganzen Welt. Wie die Europäische Union diesen Fehler korrigiert, ob über den EMFA oder eine Anpassung der AVMD-Richtlinie, ist dabei aus Sicht der Aufsicht ziemlich egal, nur schnell müsste es gehen und funktionieren müsste es auch,“ sagte Dr. Tobias Schmid, Europabeauftragter der Medienanstalten und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, bereits bei der Vorstellung erster Ergebnisse des Gutachtens im November 2022 in Brüssel.

„Die bestehenden Strukturen der institutionellen Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Fällen müssen gestärkt werden, um das angestrebte Ziel der Europäischen Kommission zu erreichen. Ein problematisches Angebot, das sich an ein deutsches Publikum richtet, muss grundsätzlich auch von der deutschen Medienaufsicht geahndet werden können. Dafür braucht es die richtige Balance zwischen dem Herkunftslandprinzip und effektiver Rechtsdurchsetzung durch Behörden in den Mitgliedsstaaten. Initiativen wie das Memorandum of Understanding der ERGA-Mitglieder können dafür inspirierende Beispiele sein“, kommentiert Prof. Dr. Mark D. Cole ein Kernergebnis seiner Analyse.

Neben der ausführlicheren Executive Summary steht Ihnen außerdem ein Factsheet des Gutachtens ab sofort zur Verfügung. Eine Veröffentlichung des vollständigen Gutachtens in der Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien NRW ist für Juni 2024 geplant.