IMMER MEHR KINDER UND JUGENDLICHE MACHEN ERFAHRUNGEN MIT CYBERGROOMING

Empirische Studie zu Cybergrooming zeigt deutlichen Anstieg der Fälle – ein Viertel der Kinder und Jugendlichen gibt an, im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert worden zu sein

Nach 2021 hat die Landesanstalt für Medien NRW mit KB&B Family Marketing Experts auch 2022 eine repräsentative Befragung zur Erfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Cybergrooming durchgeführt. Befragt wurden über 2000 in Deutschland lebende Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren in der Zeit vom 10. bis 31. Oktober. Eine dritte Befragung ist im folgenden Jahr geplant.

Cybergrooming hat im Vergleich zum letzten Jahr zugenommen. Fast ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen (24 %) wurde bereits im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert (2021: 20 %*). Eine deutliche Zunahme ist dabei in der Gruppe der Jüngeren zu verzeichnen (8-9 J.: 20 %/2022 zu 9 %/2021, 10-12 J.: 23 %/2022 zu 14 %/2021) und diese Tendenz spiegelt sich auch in anderen Bereichen wider. Ob es darum geht, für eine Gegenleistung ein Nacktfoto von sich selbst zu schicken (20 %/2022 zu 14 %/2021), Nacktfotos zugeschickt zu bekommen (8-9 J.: 10 %/2022 zu 7 %/2021, 10-12 J.: 15 %/2022 zu 8 %/2021) oder Verabredungen mit Erwachsenen wahrzunehmen (8-9 J.: 20 %/2022 zu 9 %/2021, 10-12 J.: 23 %/2022 zu 14 %/2021) – besonders unter den 8- bis 12-Jährigen sind die Zahlen hier im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dabei geben Jungen und Mädchen gleichermaßen an, betroffen zu sein. Und auch über alle Schulformen hinweg kommt Cybergrooming vor.

Mit wem chattet mein Kind?

Rund 40 % der Jungen und 35 % der Mädchen geben an, mindestens auch gelegentlich mit Leuten zu chatten, die sie nicht kennen. Mit zunehmendem Alter der Jugendlichen wird dieser Anteil eher größer.

Bei über einem Drittel (36 %) derjenigen, die Erfahrungen mit Cybergrooming gemacht haben, zeigt sich, dass sich die erwachsene Person zunächst als gleichaltrig und erst später als Erwachsener ausgegeben hat. In 7 % aller Fälle kam es – so wie von der erwachsenen Person gewünscht – zu einem Treffen. Gut einem Fünftel der Betroffenen (23 %) war diese Person vor dem ersten Onlinekontakt bekannt und in 37 % der Fälle hat sich die erwachsene Person aus dem Internet als männlich ausgegeben, in 24 % als weiblich. Das Täterverhalten ist folglich heterogen und folgt keinem eindeutigen Muster. Ohne eindeutiges Muster sind entsprechende Kommunikationssituationen für Kinder und Jugendliche nur schwer zu identifizieren.

Aufklärungsarbeit ist immens wichtig.

Und wird von Kindern dringend gewünscht, auch wenn das Thema schambehaftet ist und als sehr unangenehm wahrgenommen wird. Denn die emotionalen Konsequenzen für diejenigen Kinder und Jugendlichen, die Opfer von Cybergrooming geworden sind, sind schwerwiegend. Rund drei Viertel (75 %) hatten nach Erfahrungen mit Formen von Cybergrooming zum Teil sehr negative Gefühle – 36 % beschreiben die Erfahrung als unangenehm, 21 % hat es wütend gemacht und 18 % geängstigt. 8 % geben an, am liebsten nicht darüber reden zu wollen.

„Auch im zweiten Jahr in Folge sind die Zahlen unserer Befragung besorgniserregend. Die Erfahrungen mit Cybergrooming haben offenbar deutlich zugenommen. Es ist dringend geboten, dass wir Kinder und Jugendliche aufklären und ihnen praktische Hilfe anbieten. Mit der Meldefunktion bei fragzebra.de bieten wir in enger Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft dazu eine Anlaufstelle für alle Betroffenen. Die hohen Zahlen weisen aber auch auf einen ersten positiven Aspekt hin. Offenbar wirkt die Aufklärungsarbeit und das ist  ermutigend. Kinder und Jugendliche haben zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass sie im Netz angesprochen werden und das falsch sein kann. Wir werden damit weitermachen“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die Zahlen.

Über alle Kinder und Jugendlichen hinweg gibt jedoch ein Viertel der Befragten (27 %) an, bislang mit niemandem über das Thema Cybergrooming gesprochen zu haben, in der Gruppe der 8 bis 9-Jährigen sind es auch bei diesem Thema mehr, und zwar ein Drittel der Befragten (36 %). Obwohl Eltern die wichtigsten Bezugspersonen beim Thema Cybergrooming sind, wünschen sich zwei Drittel (67 %), dass das Thema stärker in der Schule behandelt wird. Wobei rund 40 % derer, die bereits über das Thema gesprochen haben, angeben, dass es ihnen zumindest unangenehm war. Eine hohe Empathie ist also sowohl bei Eltern als auch bei Lehrkräften gefordert, die sich dem Thema Cybergrooming annehmen. Mit unserem Aufklärungsvideo und Unterrichtsmaterial stellen wir Material für diese Aufgabe zur Verfügung, auch für das Thema Safer Sexting bieten wir umfangreiches Aufklärungsmaterial. Mit Ihren Fragen können Sie sich außerdem immer an das Team von fragzebra.de wenden.

Die vollständigen Ergebnisspräsentationen der Studien finden Sie weiter unten zum Download.

*In der zweiten Befragungswelle haben wir uns auf Minderjährige im Alter von 8 – 17 Jahren fokussiert. Um neben den neuen Fragen eine Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen der bereits in 2021 abgefragten Themen herzustellen, haben wir hier die Antworten der 18-Jährigen aus der Befragung von 2021 herausgerechnet.