20.10.2025

Political Influencer zwischen Journalismus und Algorithmus

Landesanstalt für Medien NRW veröffentlicht Analyse zu politischer Influencer-Kommunikation auf Instagram und TikTok

  • Influencer-Kommunikation folgt eigenen Regeln und entzieht sich klassischen journalistischen Standards.
  • Vermischung von Meinung und Information stellt gängiges Problem auf Kanälen politischer Influencer dar.
  • Political Influencer-Kommunikation polarisiert und ist häufig von Feindbildkonstruktionen geprägt. 

Plattformen wie TikTok und Instagram sind mehr als Unterhaltungskanäle. Es sind auch zentrale Orte politischer Meinungsbildung. Political Influencer prägen die Meinungsbildung auf diesen Kanälen – besonders bei jungen Menschen. Die aktuelle Studie der Landesanstalt für Medien NRW „Emotionalisiert, zugespitzt, meinungsstark: Political Influencer zwischen Journalismus und Algorithmus“ analysiert systematisch und datenbasiert die politischen Inhalte und Kommunikationsstrategien von Political Influencern auf Instagram und TikTok. Dafür wurden im Kontext der Bundestagswahl 2025 1.000 Beiträge von 98 reichweitenstarken Accounts analysiert. Als Political Influencer gelten im Rahmen der Studie Content Creator, die auf TikTok und Instagram regelmäßig politisch relevante Inhalte posten. Ausgeschlossen wurden offizielle Accounts von Parteien, Politikerinnen und Politikern, sowie Journalistinnen und Journalisten oder für Medienhäuser tätige Influencer.  

Meinung und Information verschwimmen

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Political Influencer-Kommunikation Ereignisse aus der Medienagenda widerspiegelt, sich jedoch durch emotionalere und wertende Darstellungsformen auszeichnet. Dabei folgt sie eigenen kommunikativen Logiken und orientiert sich kaum an klassischen journalistischen Standards. Ein zentrales Merkmal ist dabei die Vermischung von Meinung und Information: In 59 Prozent der Beiträge sind diese nicht klar voneinander zu trennen. Bei mehr als jedem dritten Beitrag (35 %) werden Meinungen und Informationen klar miteinander vermischt, weitere 24 Prozent zeigen eine zumindest partielle Vermischung. 

„Mit steigender Reichweite wächst auch die Verantwortung. Wer politische Inhalte emotionalisiert, polarisiert oder verzerrt, manipuliert nicht nur Debatten, sondern schwächt auch das Vertrauen in die Demokratie. Unsere Studie zeigt, wie politische Kommunikation auf TikTok und Instagram funktioniert und wie sie unser Denken beeinflusst. Um diesen Herausforderungen etwas entgegenzusetzen, unterstützen wir Menschen dabei, Fakt und Fake, Information und Meinung zu unterscheiden, antidemokratische Absichten zu erkennen und im äußersten Fall auch Rechtsverstöße zu melden“, sagt Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW.

Wer auffallen möchte, polarisiert 

28 Prozent der analysierten Beiträge auf TikTok und Instagram zeichnen ein klares Feindbild. Besonders häufig sind Institutionen und politische Akteure – etwa Parteien oder einzelne Politikerinnen und Politiker – Ziel solcher Darstellungen. In über zwei Dritteln der Fälle (68 %) werden sie als Feindbilder konstruiert. Solche Feindbilder vereinfachen politische Konflikte und emotionalisieren die Debatte. Gegner werden abgewertet und Diskussionen moralisch aufgeladen. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass demokratische Parteien und Institutionen grundsätzlich dysfunktional seien – ein Narrativ, das das Vertrauen in demokratische Prozesse untergraben kann. 

Politische Kommunikation neu gedacht: Handlungsoptionen für Aufsicht, Political Influencer und Gesellschaft

Wenn sich also neue Regeln für politische Kommunikation auf Social Media ergeben – was bedeutet das für Regulierung und Medienbildung? Political Influencer, wie in dieser Studie untersucht, fallen weder in den Bereich journalistisch tätiger Akteure, noch betreiben sie politische Werbung. Sie erreichen mit ihren Posts jedoch Hunderttausende von Nutzerinnen und Nutzern. Bislang sind Political Influencer nur unter bestimmten Bedingungen über die Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflichten reguliert. 

Da sie sich – ob bewusst oder unbewusst – außerhalb dieser Standards positionieren, greift dieser Ansatz allerdings zu kurz. Es entsteht ein Dilemma: Wer sich an Sorgfaltspflichten hält, verliert womöglich an Reichweite, wer sie ignoriert, riskiert rechtliche Sanktionen. Um dem Phänomen der Political Influencer wirksam zu begegnen, braucht es weitere Beobachtung, um neue Regulierungsansätze zu entwickeln, die auch nicht-journalistische Inhalte systematisch erfassen und sichtbar machen. 

Ein Factsheet sowie die vollständige Studie zum Nachlesen finden Sie hier: