06.05.2020

Europäische Medienregulierer bewerten Maßnahmen von Online-Plattformen gegen Desinformation und schlagen Maßnahmen der Ko-Regulierung vor

Pressemitteilung der European Regulators Group for Audiovisual Media Services (ERGA)

Die COVID-19-Krise hat erneut eindringlich gezeigt, wie Desinformation dem öffentlichen Diskurs und effektiven Funktionieren demokratischer Gesellschaften schaden kann. Die Gefahren, die von Desinformation ausgehen, sind greifbarer denn je. Passend dazu hat die ERGA (European Regulators Group for Audiovisual Media Services) gestern einen Bericht mit den Ergebnissen eines eingehenden Monitorings zum Umgang mit Desinformation veröffentlicht. Darin weist die ERGA auf eine Reihe von Schwachstellen der aktuellen Maßnahmen gegen Desinformation hin und schlägt einen Wechsel von der derzeitigen Selbstregulierung von Internetunternehmen hin zu einer Ko-Regulierung vor.

„Der Kampf gegen Desinformation ist von höchster Bedeutung für unsere Demokratie. Wir müssen den Wert des öffentlichen Diskurses im Internet erhalten, indem wir die vorsätzliche Verbreitung falscher Informationen verhindern und gleichzeitig die Meinungsfreiheit schützen. Aus diesem Grund wird die ERGA die Europäische Kommission weiterhin darin unterstützen. Aber eine Gefahr muss dort bekämpft werden, wo sie entsteht. Deshalb müssen wir auch Wege finden, die Plattformen dazu zu bewegen, die Wirksamkeit der Maßnahmen im Verhaltenskodex zu erhöhen und umfangreichere Auskünfte zu geben“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Vorsitzender der ERGA, Europabeauftragter der Direktorenkonferenz der Medienanstalten (DLM) und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, den Bericht.

Bereits 2018 hatte sich ein von der Europäischen Kommission einberufenes Multi-Stakeholder-Forum gemeinsam auf die Inhalte eines Verhaltenskodex zu Desinformation geeinigt. Auf Grundlage dessen verpflichteten sich Plattformen wie Google, Facebook und Twitter als Unterzeichner dazu, der Verbreitung von Desinformation im Internet entgegenzuwirken. Die effektive Umsetzung des Verhaltenskodex wurde nun von der ERGA überprüft und am 29. April 2020 der Bericht „Assessment of the Implementation of the Code of Practice“ verabschiedet. Darin sind Ergebnisse aus 13 Mitgliedsstaaten enthalten.

Der Bericht zeigt, dass der Verhaltenskodex zwar einerseits den Austausch zwischen den Plattformen, der Europäischen Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden fördert. Andererseits weist er jedoch auch erhebliche Schwächen auf. Es ist zu erkennen, dass einige Plattformen in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen haben, um ihren Zusagen im Verhaltenskodex nachzukommen. Dennoch müssen die von der ERGA festgestellten Mängel des Kodex und seiner Umsetzung dringend behoben werden, wenn dieser in Zukunft effektiv sein soll. Die ERGA identifiziert abgeleitet von ihren Analysen daher folgende konkrete Empfehlungen:

  • Es braucht größere Transparenz einschließlich detaillierterer Daten (insbesondere länderspezifischer Daten) seitens der Plattformen darüber, wie der Verhaltenskodex umgesetzt wird. Darüber hinaus müssen die Maßnahmen im Rahmen des Kodex präziser formuliert und von allen Plattformen eingehalten werden.
    Daher empfiehlt die ERGA, dass Plattformen umfangreichere Datensätze, die eine Regulierung ermöglichen, zur Verfügung stellen. Darüber hinaus schlägt die ERGA vor, die Europäische Kommission im Jahr 2020 bei der Festlegung einschlägiger Definitionen (auch zur politischen Werbung) sowie bei der Überarbeitung des Verhaltenskodex zu unterstützen, um einen einheitlicheren Ansatz zu gewährleisten.
     
  • Die Zahl der Unterzeichner des Verhaltenskodex ist begrenzt und umfasst einige wichtige Plattformen, Informations- und Kommunikationsdienste sowie Akteure der Werbebranche, die in der EU tätig sind, nicht.
    Daher schlägt die ERGA vor, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl der Plattformen, die den Kodex unterzeichnen, zu erhöhen und so regulatorische Asymmetrien zu vermeiden.
     
  • Das derzeitige Modell der Selbstregulierung erweist sich als ein wichtiger und notwendiger erster Schritt. Es reicht jedoch nicht aus, um effektiv gegen Desinformation im Internet vorzugehen.
    Daher schlägt die ERGA vor, vom derzeitigen Ansatz flexibler Selbstregulierung zu einer Ko-Regulierung überzugehen. Darüber hinaus bietet sie an, die Kommission im Laufe des Jahres 2020 bei der Identifizierung spezifischer Maßnahmen und Key Performance Indicators (KPIs) für die Plattformen sowie bei der Definition der Vorgaben für das Monitoring und der Instrumente zur Rechtsdurchsetzung durch die nationalen Regulierer zu unterstützen.

Die Pressemitteilung der ERGA sowie den vollständigen Bericht finden Sie unter diesem Link: http://erga-online.eu/?p=732